Europe first: Alternativen zu US-Diensten?

Europe first: Alternativen zu US-Diensten?
Foto von Christian Lue auf Unsplash

Angefangen von Cloud-Lösungen bis hin zu E-Mail-Providern, viele dieser Dienste stammen aus den USA und werden von uns genutzt.

Auch schon vor der Trump-Administration war die Nutzung amerikanischer Dienste nicht ganz unproblematisch, was den Schutz unserer Daten betrifft. Aber die Entwicklungen in den USA sind dermaßen besorgniserregend, dass man sich über Alternativen in Europa Gedanken machen muss.

Es gibt mehr europäische Alternativen, als man glaubt.

Beginnen möchte ich mit zwei Verzeichnissen, die auflisten, was es an europäischen Alternativen zu Software und Dienstleistungen aus den USA gibt:

  1. Goeuropean.org Das wohl größte Verzeichnis, das nicht nur Alternativen zu digitalen Dienstleistungen auflistet.
  2. European-Alternatives.eu Alternativen zu US-Software und Diensten

Im Fediverse wurde unter dem Hashtag #UnplugTrump von Februar bis März 2025 täglich ein neuer Tipp gepostet, wie man sich digital von den großen Tech-Oligarchen abkoppeln kann. 30 dieser Tipps finden sich auf dem Blog von Mike Kuketz.

Im Impressum steht eine EU-Anschrift, nur wo wird gehostet?

Um herauszufinden, welche Infrastruktur ein Anbieter für seinen Dienst nutzt, bietet sich z. B. die Seite Hosting-Checker an. Dort einfach die Domain des Anbieters eingeben und man bekommt die Informationen.

Raus aus den Social-Media-Gefängnissen.

Ich weiß, das ist für viele unvorstellbar. Aber genau das wäre die richtige Antwort auf diesen Irrsinn, der gerade in den Staaten passiert. Für fast alles gibt es Alternativen im Fediverse.

Für den Start gut geeignet: Sascha Pallenberg hat in seinem Newsletter einen umfangreichen Artikel zum Einstieg in das Fediverse mit Mastodon geschrieben.

Mastodon ist allerdings nur ein Dienst von vielen. Über FediDB kann man sich einen Überblick verschaffen, was es für Dienste im Fediverse überhaupt gibt und wie viele Server pro Dienst online sind. Es sind dort noch viel mehr Daten abrufbar.

Auch sehr gut geeignet, um sich einen Überblick über das Fediverse zu verschaffen: Das Fediverse- Ein Überblick, von Ückück.

Fediverse Observer hilft dabei, für sich eine passende Instanz zu finden.

Mastodir ist ein Profilverzeichnis nach Interessengruppen. Das kann den Einstieg etwas erleichtern.

Ja, das wirkt am Anfang erst mal etwas nerdig, aber man kommt da recht schnell rein.

Die eigene Cloud

Im Prinzip kann man alles selbst hosten. Hier geht es aber darum, ohne technisches Hintergrundwissen US-Alternativen zu nutzen. Und da bietet sich eine in der EU gehostete Nextcloud an.

Egal, ob man nur Bilder speichern will, Kalender und Daten synchronisiert, an Dokumenten kollaborativ arbeitet, Videokonferenzen abhalten oder Dateien austauschen möchte. All das und noch sehr viel mehr ist mit Nextcloud möglich. Da benötigt man definitiv keine Dropbox oder Microsoft365, wenn es im beruflichen Umfeld nicht unbedingt erforderlich ist.

Außerdem können mit dem Smartphone aufgenommene Fotos direkt und automatisch in die Nextcloud hochgeladen werden. Dazu ist weder die Apple noch die Google-Cloud notwendig.

Viele große und kleine Hoster haben da entsprechende Angebote im Programm. Selbst habe ich gute Erfahrungen mit Hetzner gemacht. Dort heißt das Produkt Storage Share, ist aber Nextcloud mit allen Funktionen.

E-Mail und Messenger

Ich habe offen gesagt nie verstanden, warum man Google-Mail oder den kostenlosen Mailclient von Microsoft benutzt. Als Webseitenbetreiber ist man zwar gezwungen, einen solchen Mailaccount zu haben, wenn man sich bei Suchmaschinen anmelden will. Aber eine private Nachricht würde ich darüber niemals schreiben. Das gilt übrigens auch für GMX und Co.

Diese Dienste analysieren Mails, und da ist es mir doch schnurzegal, wie toll z. B. bei Google-Mail die Mailverwaltung ist.

Ich habe seit sehr vielen Jahren einen Mailaccount bei Mailbox.org in Berlin. Der kostet mich 12 € im Jahr und da hat sicherlich keiner ein Interesse daran, meine Mails zu analysieren, da es gegen die DSGVO verstoßen würde und das Geschäftsmodell auch ein ganz anderes ist. Und wer etwas mehr ausgeben möchte, bekommt für 3 € im Monat noch Cloudspeicher, Online-Office, Videokonferenzsystem und Chat dazu.

Es gibt viele E-Mail-Anbieter in der EU. Ich habe Erfahrungen mit Posteo und mailbox.org gemacht. Beide kann ich uneingeschränkt empfehlen.

Alternativen zu WhatsApp: Signal, Threema und Matrix.

Obwohl Signal von der gemeinnützigen Signal-Foundation in den USA gehostet wird, werden nur zwei Datenpunkte gespeichert, die US-Behörden einfordern könnten: der Zeitpunkt der Kontoeröffnung und der letzte Log-in. Alle weiteren Daten sind verschlüsselt. Allerdings wird die Angabe einer Telefonnummer verlangt.

Threema ist in der Schweiz beheimatet und kommt ohne Rufnummer aus. Wie auch bei Matrix genügt eine E-Mail-Adresse. Bei Threema und Signal werden zudem die Metadaten verschlüsselt, was bei Matrix nur bedingt der Fall ist. Matrix ist dezentral angelegt. Jeder kann seinen eigenen Matrix-Server betreiben. Problematisch kann es allerdings werden, wenn jemand an einer Gruppendiskussion teilnimmt, der einen Server in den USA betreibt. Wird dieser beschlagnahmt, können die Metadaten ausgewertet werden.

Warum die Daten nicht zu Hause lassen?

Stichwort NAS (Network Attached Storage). Die wohl bekanntesten Anbieter in diesem Bereich sind Synology und Qnap. Auch Ugreen erfreut sich mit seinen NAS-Lösungen zunehmender Beliebtheit.

Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um eine Festplatte oder einen Festplattenverbund in einem Gehäuse, das an den heimischen Router angeschlossen wird. Alle Geräte im Netzwerk können dann auf den Netzwerkspeicher zugreifen. Selbstverständlich auch von unterwegs, wenn man das will. Für mobile Geräte gibt es zudem Apps, die auf Dienste zugeschnitten sind, die auf dem NAS laufen. Von der Fotogalerie über die private Mediathek bis hin zu Backup-Lösungen ist alles möglich. Sogar Docker-Container können je nach Modell auf solchen Systemen installiert werden.

Ein bisschen Schlangengrube gibt es allerdings in diesem Segment

Ein NAS läuft in der Regel 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr. Um stromsparend unterwegs zu sein, werden für den Home-Bereich natürlich keine extrem leistungsfähigen CPUs eingebaut.

Beliebt ist in diesem Bereich der Intel N100 Alder Lake N. Diesen findet man aber nicht immer in solchen vorgefertigten Lösungen, sondern oft leistungsschwächere Prozessoren. Es kommt aber auch darauf an, ob man nur zwei oder acht Platten in einem NAS betreibt. Wenn man sich die Preise anschaut, die teilweise von den Anbietern aufgerufen werden, kommt man irgendwann auf die Idee, sich so eine Kiste selber zu bauen, was viel kostengünstiger ist. Außerdem ist man nicht auf den Lebenszyklus der Software des Herstellers angewiesen, denn der endet auch nach einer gewissen Zeit. Aber das ist ein anderes Thema und man muss da sehr viel tiefer einsteigen.

Auf jeden Fall funktioniert ein NAS sehr gut und die Daten bleiben zu Hause.

Alternative Suchmaschinen

Bei den Suchmaschinen ist Google unangefochtener Marktführer. Der dahinter stehende Konzern spendete eine Million Dollar für Trumps Amtseinführung, und CEO Sundar Pichai nahm persönlich an den Feierlichkeiten teil. Auf Platz zwei folgt Bing von Microsoft. Auch dieser Konzern unterstützte Trump mit Spenden. Zudem wurde Trump auf LinkedIn zur Amtseinführung gratuliert.

Beide Suchmaschinen verfolgen Besucher über Websites hinweg und erstellen Nutzerprofile. Es wäre also besser, eine alternative Suchmaschine zu nutzen. Doch da wird es schwierig. Natürlich gibt es die, aber fast alle greifen auf die Suchkataloge der Großen zu. Die Anfragen werden zwar anonymisiert, aber viele dieser Alternativen kommen entweder aus den USA oder werden auf US-Servern gehostet. Im Zweifelsfall müssen sie amerikanischen Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten Zugriff auf ihre Server gewähren. Je nach Suchmaschine dürfte das Risiko überschaubar sein, da einige kaum Nutzerdaten sammeln, aber das sollte man auf jeden Fall wissen.

Alternative Suchmaschinen sind z. B. DuckDuckGo, Startpage, Quant oder Ecosia. Quant kooperiert allerdings sehr eng mit Bing und gibt auch einige Daten weiter. Die Ergebnisse der deutschen Suchmaschine Ecosia stammen von Bing und Google, aber offenbar ohne Anonymisierung, was natürlich sehr schlecht ist.

Die deutsche Suchmaschine MetaGer verwendet ebenfalls verschiedene Kataloge, allerdings ohne Tracking und ohne Cookies. Außerdem werden die Ergebnisse mit einem eigenen Index angereichert. Die Suchmaschine ist jedoch kostenpflichtig.

Eine sehr gute Alternative ist die dezentrale und quelloffene Suchmaschine SerXNG. Sie bezieht ihre Ergebnisse aus 70 anderen Suchmaschinen, und zwar vollständig anonymisiert. Sie kann auch auf einem eigenen Server betrieben werden.

Browser-Alternativen zu Google Chrome und Edge

Für mich ist es vor allem Firefox. Diesen Browser benutze ich schon seit Ewigkeiten. Allerdings bin ich mir nicht mehr sicher, ob für die Mozilla Foundation noch die Interessen der Nutzer im Vordergrund stehen oder die der Werbeindustrie. Meiner Meinung nach wurden in letzter Zeit keine guten Entscheidungen getroffen. Trotzdem ist Firefox immer noch ein guter Browser, den man sehr datensparsam konfigurieren kann. Sollte dies nicht mehr der Fall sein, wäre für mich Vivaldi aus Norwegen eine gute Alternative. Auch den Mullvad-Browser könnte man sich einmal ansehen. Ein Open-Source-Browser aus Schweden, der sich gut in das kostengünstige VPN-Angebot der Firma integrieren lässt, aber auch ohne genutzt werden kann. Zudem gibt es Open-Source-Forks des Firefox-Browsers. Iron-Fox und LibreWolf sind solche Kandidaten. Allerdings fehlt mir hier die Erfahrung, um eine fundierte Meinung abgeben zu können.

Wer wirklich detaillierte Informationen zu Browsern benötigt, sollte auf jeden Fall bei Kukets vorbeischauen. Das ist generell eine sehr gute Anlaufstelle, wenn es um Datenschutz und dergleichen geht.

Eigentlich gäbe es noch so viel zu schreiben, aber ich möchte diesen Beitrag nicht zu lang werden lassen. Vielleicht wird es noch einen zweiten Teil geben, denn das Thema ist doch schon sehr groß. In einem anderen Artikel habe ich einige Sachen auch schon kurz angerissen.

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